Gleimhaus
Literarische Tradition in Sachsen-Anhalt
Der Geist der deutschen Aufklärung ist am besten im Gleimhaus zu entdecken. Mitunter kann man hier den Dichter Gleim und seinen Chef, den Halberstädter Domdechanten Spiegel, im lockeren Gespräch erleben. Dabei ist vieles Interessantes über die historischen Personen und ihr Wirken zu erfahren. Das Gleimhaus mit dem "Freundschaftstempel" (der faszinierenden Porträtsammlung), der Bibliothek und der Handschriftensammlung ist heute eine international geschätzte Forschungsstätte zur Literatur- und Kulturgeshichte des 18. Jahrhunderts.
Kunstsammlung
Das Herzstück der Kunstsammlung des Gleimhauses stellt der Freundschaftstempel dar mit seinen knapp 130 Porträts in Öl. Sie wurden zum größten Teil für Gleim geschaffen. Hinzu kommen einige Schenkungen und Neuerwerbungen, die seit dem 19. Jahrhundert erfolgten, sowie Dauerleihgaben des Landes Sachsen-Anhalt, die die Sammlung inhaltlich ergänzen.
Die Grafiksammlung des Gleimhauses (über 12 000 Blatt) hat ihren Schwerpunkt bei der Gattung Porträt, erweitert den Themenkreis jedoch auch auf andere Motive, vor allem Halberstadt und den Harz. Einige Besonderheiten der Sammlung aus dem Bereich Skulptur, Möbel und Kunsthandwerk werden unter Weiteres vorgestellt.
Handschriftensammlung
Schon in jungen Jahren begann Johann Wilhelm Ludwig Gleim, eine umfangreiche Sammlung mit den Handschriften seiner Freunde zusammenzutragen. Hierzu zählten Briefe, Werkmanuskripte und sonstige handschriftliche Zeugnisse wie autobiografische Schriften, amtliche Schreiben etc. In den späteren Jahren war Gleims "Briefarchiv" oder auch "Musenarchiv" weithin bekannt. Wer etwas aufbewahrt wissen wollte, sandte es an Gleim. Es lässt sich also mit Fug und Recht vom ersten deutschen Literaturarchiv sprechen. Über seine Zeit hinausdenkend legte Gleim in seinem Testament fest, dass seine Handschriftensammlung von der Nachwelt öffentlich genutzt werden solle. Diese Aufgabe übernehmen das Museum und die Forschung bis heute.
Gleimbibliothek
Johann Wilhelm Ludwig Gleim war regelrecht bibliomanisch veranlagt. Schon als junger Mann sammelte er Bücher, Antiquarisches und Modernes. Die Gleimbibliothek ist mit ihren Inkunabeln, den zahlreichen Büchern des 16. und 17. Jahrhunderts sowie ihrem umfangreichen Buchschatz zum 18. Jahrhundert eine der größten erhaltenen bürgerlichen Privatbibliotheken der Zeit. Das breite Sammelspektrum Gleims macht die Buchsammlung für die Forschung verschiedener Disziplinen noch heute bedeutsam. Gut erhalten, im modernen Erweiterungsbau des Gleimhauses aufgestellt, können alle Besucher einen Blick auf den Bücherreichtum Gleims werfen.
Gleim selbst verstand sich auch als Büchersammler für andere, wie sein Bucheignerzeichen, sein Exlibris ”Gleimii et amicorum”, deutlich macht. Für ’Gleim und die Freunde’ standen die Bücher zur Verfügung. Viele seiner Freunde nutzten die Bestände gleichsam wie eine öffentliche Bibliothek. In seinem Testament legte Gleim fest, dass die Bücher auch nach seinem Tod für die Öffentlichkeit zusammengehalten werden und zugänglich bleiben sollen.
Die Bibliothek wurde und wird seither ständig erweitert, ein Schwerpunkt im Bestandsaufbau liegt in Gleims Werken. In großer Vielzahl vorhanden, fehlen doch einige, da Gleim seine eigenen Bücher seinem freigebigen Charakter entsprechend gern verschenkte und nicht immer ein Exemplar für sich behielt.
Ein gedruckter, alphabetischer Katalog der Buchsammlung liegt vor (s. Publikationen), die Möglichkeit der elektronischen Online-Recherche ist in Vorbereitung. Eine Benutzung des Bestandes ist nur nach Anmeldung vor Ort im Lesesaal möglich. Die Bibliothek des Gleimhauses ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Spezialbiliotheken e.V. / Sektion 5 im Deutschen Bibliotheksverband.
Die Forschungsstätte
Das Gleimhaus ist nicht nur Museum, mehr und mehr profiliert es sich auch als Forschungsstätte. Das wissenschaftliche Programm des Hauses erfolgt in Abstimmung mit einem Kuratorium, dem namhafte Wissenschaftler der 18. Jahrhundert-Forschung angehören. Jährlich finden in Verbindung mit Kollegen von Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen Tagungen statt. Weitere Kollegen nutzen das Gleimhaus als Ort für ihre Konferenzen (s. Vermietung). Vom Gleimhaus werden Workshops für Nachwuchs-wissenschaftlerinnen und -wissenschaftler gemeinsam mit ausgewiesenen Fachkollegen angeboten. Universitäre Seminargruppen können Räume und Archivalien - auch über mehrere Tage - unter Anleitung nutzen. Forscher aus aller Welt arbeiten mit den einzigartigen Sammlungen des Hauses. Durch den Förderkreis Gleimhaus e.V. wird alle zwei Jahre der Gleimliteraturpreis vergeben, mit dem bedeutende Forschungsbeiträge zum 18. Jahrhundert ausgezeichnet werden. Im Auftrag des Gleimhauses erscheint eine Publikationsreihe im Wallstein Verlag Göttingen sowie eine Schriftenreihe der Landesinitiative "Sachsen-Anhalt und das 18. Jahrhundert" im Mitteldeutschen Verlag Halle. Über weitere Publikationen informiert der Museumsshop.
Restaurierungswerkstatt für Papier-Buch-Grafik
Aus konservatorischen Gründen wurde 1988 für das Gleimhaus eine Restaurierungswerkstatt eingerichtet, die sich seit 1995 im modernen Erweiterungsbau befindet. Hier können Schäden an Grafiken, Büchern und Handschriften behandelt werden. Gemeinsam erarbeiten die Sammlungsabteilungen und die Papierrestaurierungswerkstatt auf der Grundlage neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse Konservierungskonzepte für den Bestand. Das Gleimhaus ist Mitglied im Verband der Restauratoren e.V. (VDR). Im Rahmen einer Führung kann die Werkstatt besichtigt und die Restaurierungsarbeit erläutert werden. Das Gleimhaus berät die Museen des Landes Sachsen-Anhalt hinsichtlich der Papierkonservierung und Restaurierung.

