Romanische Liebfrauenkirche
An der Straße der Romanik in Sachsen-Anhalt steht in Halberstadt am Westende des Domplatzes die einzige vier-türmige romanische Basilika Mitteldeutschlands, die Liebfrauenkirche.
Da bereits im Jahre 1005 der Halberstädter Bischof Arnulf an dieser Stelle ein Augustiner-Chorherrenstift gegründet und die Kirche der Muttergottes geweiht hatte, begeht die heutige evangelisch-reformierte Gemeinde und mit ihr die Stadt Halberstadt 2005 das 1000jährige Bestehen ihrer Kirche.
Freilich ist die heutige Kirche nicht der Ursprungsbau Arnulfs. Viele Jahre galten die beiden Unter-geschosse der Westfassade dem ersten Bau zugehörig, bis Grabungen 1987 ergaben, dass diese Geschosse erst später, um 1089, entstanden sind. An der Kirche scheint fortwährend gebaut worden zu sein bis schließlich 1146 Bischof Rudolf den Grundstein für einen Neubau, das heutige Gotteshaus, legte. Erst um 1200 wird der sich an das Hirsauer Bauschema anlehnende Bau vollendet gewesen sein.
Diese imposante Pfeilerbasilika erlitt beim Bombenangriff am 8. April 1945 im Ostteil und am Nordwestturm empfindliche Schäden, die aber bis 1952 behoben werden konnten. Nach der Wende wurde eine grundlegende Sanierung notwendig, die im Wesentlichen 2004 abgeschlossen wurde. Die innere Schlichtheit der Liebfrauenkirche steht im Gegensatz zu ihrem burgartigen Charakter. Das war aber nicht immer so. Zwischen den Obergaden-fenstern der Südwand befanden sich großartige Fresken, die in Resten noch erkennbar sind. Immer mehr Besucher finden den Weg vom großartigen gotischen Dom und seinem Domschatz, in dem sich auch so bedeutende Kunstwerke aus der Liebfrauenkirche befinden, wie die ,,Halberstädter Sitzmadonna" und der in der Kunstgeschichte so berühmte ,,Stollen- oder Reliquienschrank" mit ersten Beispielen der Tafelmalerei nördlich der Alpen (beide um 1230); oder der französische Reisealter aus dem 13. Jahrhundert. Auch das fatimidische Glas aus der Zeit um 1000 scheint als Reliquienbehälter einst zum Inventar des Liebfrauenstifts gehört zu haben.
Verblieben ist in der Kirche das künstlerisch hochwertige Kruzifix aus dem Anfang des zweiten Viertels des 13. Jahrhunderts, das heute hoch vor der Vierung an Ketten schwebt und einst zu einer Triumphkreuzgruppe, ähnlich der im Dom (um 1220), gehörte.
Ein besonderer bildkünstlerischer Schatz flankiert den in die Vierung vorgezogenen Chor: die Chorschranken mit den Stuckfiguren der 12 Apostel, Maria und Christus. Sie werden in die Zeit um 1200/10 datiert. Es sind fast lebensgroße Vollreliefs mit zum Teil noch originaler Fassung. Mit deren Restaurierung, die sich über mehrere Jahre erstrecken wird, ist begonnen worden.

